Sonntag, 6. April 2014

Adoptiert von einem Hund

Manchmal schlägt das Schicksal schon komische Wege ein. So ist es uns vor genau einem Jahr passiert, dass nicht wir einen Hund adoptiert haben, sondern von einem Hund förmlich adoptiert wurden.

Im Frühjahr 2013 hatten wir gerade unseren Pflegi Ronja glücklich an ein junges Paar vermittelt und wollten kurz vor Ostern diese frei gewordene Pflegestelle mit der kleinen Spanierin Cocolina besetzen.

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Ronja



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Cocolina

Wir waren voller Vorfreude auf das kleine Welpenfräulein, als uns ein Notruf erreichte. Luke, ein weißer Puschelhund aus der Türkei, hatte überraschenderweise, eine Woche früher als erwartet, einen Flugpaten nach Deutschland bekommen. Seine eingeplante Pflegestelle war aber über Ostern in Urlaub. Nun wollte man dem Hund aber die Möglichkeit geben so früh wie möglich auszureisen, und es wurde eine Pflegestelle für eine Überbrückungswoche gesucht. Da wir alle in dieser Woche Urlaub hatten, stimmten wir kurzentschlossen zu. Platz für drei Hunde war auch vorhanden.

Luke kam am Karfreitag an. Ein weißes Wollknäuel mit einem stark verfilzten Fell, ansonsten aber gut gepflegt.

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Luke kurz nach seiner Ankunft

Man merkte ihm deutlich die Strapazen der Reise an. Von der ersten Minute an war er ein extrem menschenbezogener, ruhiger Geselle. Im Gegensatz zu allen vorangegangenen Pflegis interessierte er sich überhaupt nicht für die Umgebung, sondern nur für die Menschen, mit dem eisernen Willen, all die Schmuseeinheiten, die ihm in der Vergangenheit entgangen waren, so schnell wie möglich wieder aufzuholen. Jeder, der Luke in dieser Woche kennen lernte war von seiner Art begeistert. Viele hätten ihn gerne adoptiert und waren verwundert, dass wir ihn wirklich wieder abgeben wollten. Es waren schöne Tage mit dem weißen Wuschel. Er war überaus verschmust, so ruhig und anschmiegsam. Dazu kam sein Verhalten in bestimmten Situationen, was vermuten ließ, dass er in der Türkei sicherlich schlimmes erlebt hatte, was sehr berührte. Aber wir konnten auch über Luke lachen, wie er sich seine Kuhle im Garten buddelte und sich gemütlich dort hin platzierte, während die verrückten Hundemädchen um ihn rumtobten. Er war ein schöner Ausgleich zu den wilden Hummeln, und dennoch bildeten sie ein schönes Rudel. Wir hätten ihn gerne behalten, aber Luke hatte eine Pflegestelle und bereits zwei Interessenten. Wir waren uns auch sicher, dass er sich überall wohl fühlen würde, bezogen seine Anhänglichkeit nicht direkt auf uns, sondern auf die Tatsache, dass er einfach auf der Suche nach streichelnden Händen war. Die neuen Besitzer würden Glückspilze sein.

Schweren Herzen gaben wir ihn 8 Tage nach seiner Ankunft wieder ab, vorsichtshalber mit dem Vermerk, dass wir, sollten die Interessenten abspringen, an einer Adoption interessiert wären. Ich weiß noch, dass Luke sich nur widerwillig in die Hundebox verfrachten ließ, und dann war er auch schon weg. Unsere Gedanken drehten sich natürlich weiterhin an diesem Tag um ihn, und immer noch waren wir uns sicher, dass wir für ihn das richtige getan hatten.

Der entscheidende Anruf kam noch am selben Abend gegen 20 Uhr. Es ging um Luke, und ob wir wirklich noch Interesse an einer Adoption hätten? Unser sanftmütiger Rüde hatte bereits auf der Fahrt zur neuen Pflegestelle seine Leine durchgebissen und saß nun schon seit Stunden weinend an der Tür. Ein Häuflein Elend! Der erste Interessent war bereits abgesprungen. Man hatte sogar vorsichtshalber die Haustür abgeschlossen, weil man Sorge hatte, dass Luke dort ausbüxen könnte. Unser braver Pflegi zeigte wilde Entschlossenheit, nicht dort zu bleiben. Ui, das war natürlich ein harter Brocken, mit dem wir nicht gerechnet hatten, und ein Wink des Schicksals.

Was haben wir also gemacht? Geld von der Bank geholt, ab auf die Autobahn und eine Stunde später war Luke dann wirklich unser Hund. An seinem Hals baumelte immer noch das  jämmerliche Restchen seiner pinken Leine.

Luke wurde von seinem verfilzten Fell befreit und sah aus wie ein Vögelchen, das aus dem Nest gefallen ist.

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Außerdem mussten wir viel mit ihm arbeiten, damit er sich an sein neues Leben gewöhnen konnte. Er hatte mit Sicherheit in der Vergangenheit viele schlimme Erfahrungen gemacht. Stöckchen werfen in seiner Gegenwart war nicht möglich, weil er in diesem Moment dachte, wir würden zum Schlag ausholen. Er zuckt heute noch bei bestimmten Geräuschen zurück oder wenn ein Auto an ihm vorbeifährt. Es hat auch eine ganze Weile gedauert, bis man ihn frei laufen lassen konnte und er einigermaßen sicher auf seinen Namen hörte.

Inzwischen ist Luke ein lebensfroher Hund, der einen sicheren Platz in unseren Herzen gefunden hat. Einen großen Teil seiner Unsicherheit hat er verloren und kann ein ganz schöner Macho sein, wenn er gemeinsam mit seiner Emi unterwegs ist. Auf sie passt er mit Argusaugen auf. Hat er das Gefühl, er muss sie beschützen, dann kann er richtig gefährlich bellen und böse aussehen. Bei Pflegehund Manu macht er deutlich, dass er hier der Rüde im Haus ist. Kommt es womöglich gar so weit, dass Emi und Manu hier richtig wild werden, dann haut Luke auch mal mit der Faust auf den Tisch. Das kann er ja überhaupt nicht leiden. Leider nimmt ihn nur keiner so richtig ernst. Meistens ist er aber immer noch der sanfte, brave Hund, in den wir uns verliebt haben. Die Entscheidung vor einem Jahr haben wir nicht bereut.

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Luke im März 2014



1 Kommentar:

  1. Eine wunderbare Geschichte - ja so spielt das Leben und manchmal muss das Schicksal echt nachhelfen! Das sich viele Menschen sofort in den Plüschi-Teddy verliebt haben kann ich sehr gut nachfühlen. Aber ich kann auch nur zu gut verstehen, dass Luke nach den vielen schlimmen Erfahrungen sich seine Menschen auch aussuchen wollte. Ich habe eine dicke Gänsehaut und finde es einfach nur schön, dass ihr alle zueiander gefunden habt!
    Liebe Grüße
    Sali

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