Mittwoch, 5. November 2014

Es muss nicht immer Kanada sein

Wenn man von seinem Hundespaziergang nach Hause kommt und nur noch das Gefühl hat, man möchte die Leine in die Ecke pfeffern, dann ist etwas schief gelaufen. Ganz gewaltig sogar.

Nie mehr gehe ich mit irgendeinem Hund spazieren!!
Nie! Nimmer! Nicht!

Details spare ich jetzt aus, aber ich schiebe Frust. Frust wie er aufkommt, wenn man dummerweise an einem Sonntag bei schönstem Herbstwetter mit den "Jungs" im größten Hundeballungsraum, sprich auf der Hundewiese, spazieren geht. Schöne Hunderunden sind irgendwie anders.
Kurzfristig überkommt mich das Gefühl, dass ich mich am liebsten ganz weit weg wünschen würde. Die "Bezaubernde Jeanny" kommt mir in den Sinn. Arme verschränken, einmal kurz nicken, und schon ist man mit Haushalt und Hund am Ort seiner Wünsche. Am liebsten dort wo die Natur richtig schön weitläufig ist. Haustür auf, Wald, Wald, Wald, in einem Land, wo die Bevölkerungsanzahl noch überschaubar ist. Schweden kommt mir in den Sinn oder noch besser Kanada. Ja, an diesem frustgeladenen Sonntagmorgen erscheint mir die Begegnung mit einem Grizzlybär in einem kanadischen Wald weitaus einladender, als mit manchem Hundebesitzer hier auf der Hundewiese. Beim Grizzlybär lege mich einfach auf den Boden und stelle mich tot. Bär trollt sich. Alles gut. Ich denke jetzt an Hundebesitzer, die da ganz anders sind. Da kann man glatt  in Frage stellen, ob es helfen würde sich tot zu stellen.

Schwamm drüber.

Mein Sonntag steht im Zeichen von schlechter Laune. Selbst Pflaumenkuchen, ansonsten das ultimative Heilmittel in allen Lebenslagen, kann mich nicht besänftigen. Außerdem steht ja noch der geplante Nachmittagsspaziergang mit Emi an.

Ich mag nicht.
Ich will nicht wieder da raus.

Aber wahrscheinlich ist es mit frustrierenden Hunderunden  genauso wie mit dem Reiten. Fällst du vom Pferd, solltest du so schnell wie möglich wieder aufsteigen. Ich muss also wieder raus.
Für diesen späten Nachmittag habe ich mir ein riesiges Feld in der Nachbargemeinde ausgesucht. Mit einem Krönchen, das noch recht wackelig auf meinem Kopf sitzt und dem liebsten Hundemädchen mache ich mich auf den Weg ins bisher unbekannte Gebiet.

Schon auf den ersten Metern erkenne ich seine Weitläufigkeit und bin begeistert. Leider muss ich auch erkennen, dass Emi und ich zu spät unterwegs sind, denn am Horizont geht bereits die Sonne unter. Hallooooo, es ist doch erst Nachmittag. Ich fluche auf die Zeitumstellung, die uns nun eine Stunde Licht gestohlen hat.


Jedoch, wenn ich richtig überlege, dann ist es gerade dieses Licht, was unseren Spaziergang so besonders macht. Egal in welche Richtung man schaut, man kann sich gar nicht satt sehen. Auf der einen Seite ist der Himmel in wunderschönen Rottönen gehalten, auf der anderen Seite schimmert er blau und leicht diesig. Die Wege schlängeln sich bis ins Unendliche durch die Felder. Es ist unglaublich ruhig und friedlich. Emi zeigt sich zu Beginn gewohnt zaghaft und taut dann nach und nach auf. Ich glaube sie könnte genauso wie ich hier noch stundenlang laufen, weil es eben gerade einfach nur perfekt ist.




Doch irgendwann bremst uns das schwindende Licht aus. Leider. Ich spüre echtes Bedauern.







Als wir am Parkplatz ankommen, ist es stockdunkel. Wir haben das Licht bis zur letzten Sekunde ausgekostet. Dieser Ausflug hat uns wirklich gut getan. Ich fühle mich  mit den abschreckenden Erlebnissen auf der Hundewiese versöhnt. Mein Krönchen sitzt gar nicht mehr wackelig. Es ist nun endlich wieder gerichtet.
Vielleicht muss es ja doch nicht immer direkt Kanada sein. Manchmal hilft auch einfach ein einsames, riesiges, total unaufgeregtes  Feld am Niederrhein.







13 Kommentare:

  1. Nein das stimmt - es muss nicht immer gleich Kanada sein! Ich mag deine Art zu schreiben ja immer sehr und ich fühlte mich sofort gut aufgehoben und verstanden - weil klar solche Tage kenne ich auch zu gut... Und zum Glück kommt dann wirklich (fast) immer dieser schöner Augenblick der mich das alles wieder vergessen lässt. Ein toller Post Sylvia der mir sofort ein Lachen mit einem schönen warmen Gefühl im Bauch gezaubert hat!
    Liebe Grüße
    Sali

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  2. Na ein Glück das ihr dieses Feld am Niederrhein gefunden habt. (Nicht das ihr noch auswandert.) Ihr seid genau zur richtigen Zeit dort gewesen. Die untergehende Sonne hat ein herrliches Licht gezaubert.
    Liebe Grüße von Emma, Lotte und Frauchen

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  3. Liebe Sylvia,

    auch wenn ich noch nie so nach Hause gekommen bin, noch nie so empfunden habe, glaube ich nachzuvollziehen, dass es manchmal übel läuft. Umso mehr freue ich mich über Deinen Spaziergang, Deine herrlichen Bilder....

    Und natürtlich hoffe ich, dass Du weiterhin tapfer Deine Runden drehst und hier davon berichtest. Wir mögen Deine Beiträge sehr.

    Viele liebe und aufmunternde Grüße
    Sabine mit Socke

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  4. Ohja, diese Tage kennen wir auch nur zu gut. Es tut mir leid, dass ihr so einen unbefriedigenden Ausflug zur Hundewiese hattet. Aber ich bin sicher, der Nachmittags-/Abendspaziergang hat euch wieder ausgesöhnt. Das Licht ist einfach unbeschreiblich schön, wie Emi so in den Sonnenuntergang läuft - herrlich.

    Wuff-Wuff dein Chris

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  5. Du sagst es, an solchen Tagen hilft wirklcih nur ein einsamer Bummel mit Hund.
    Was wäre wohl aus deinem Abend geworden ohne Hundebummel?
    Frauchen meint öfters, "es muss nicht Kanada sein", es ist fast zu ihrem Lieblingssruch geworden, wenn wir wieder einmal so eine herrliche Stimmung unnd/oder Landschaft in der Alltagsgegend bestaunen.
    Einen Pflaumenkuchen Nasenstups von Ayka

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  6. Ach ja, manchmal läuft es einfach nicht rund. Wer kennt das nicht? Hundebegegnungen, auf die man lieber verzichtet hätte und noch lieber auf das Zusammentreffen mit dem jeweiligen Hundehalter... Aber schon der nächste Spaziergang an einem einsamen Feldrand kann einen wieder mit der Welt versöhnen. Irgendwie tröstlich!
    Liebe Grüße aus Terrierhausen

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  7. Oh je, wenn nicht mal mehr Pflaumenkuchen hilft, dann ist wirklich etwas schief gelaufen. Da hilft nur die alte Königinnenweisheit, so stolz und majestetisch voranzuschreiten, wie man nur kann (die Krone wird festgetackert, damit niemand was merkt). Das schreckt nervige Untertanen zu mindestens 50 % ab. Für die anderen 50 % sollte man einen Grizzlybären an der Leine führen...

    Und warum nicht Kanada? Von dort kann man bestimmt auch bloggen und diese Bericht von Dir würden wir gerne lesen... ;)

    LG Andrea mit Linda, die einsame Spaziergänge sehr lieben

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  8. Aber Kanafa wär trotzdem schön ! :) lieben Gruss Diva

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  9. Ich kann Deinen Beitrag so gut verstehen und auch Nachvollziehen - in den letzten Jahren habe ich wirklich einsame Spaziergänge schätzen gelernt und meide sehr bekannte Strecken und Hundewiesen ... oder Uhrzeiten, die sehr populär sind :)
    Ich bin froh, dass Du noch einen versöhnlichen Ausklang erlebt hast, denn ich weiß, wie wichtig so etwas auch zum Abschalten ist.

    Liebe Grüße und einen kleinen gedanklichen Schubser, damit die Krone nicht mehr rutscht,
    Isabella mit Damon und Cara

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  10. Oh ja solche Tage kennen wir zu gut :-/.... einfach nur schrecklich.
    Woher kommen diese ganzen komischen Zweibeiner nur ?!

    Wir spazieren auch lieber dort, wo sich keiner rumtreibt.... der Rest ist und bleibt nervenraubend und soooooooooooo anstrengend.

    Kopf hoch, wuff Deco + Pippa

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  11. Ein dickes Hallo und ein ebensolches Kompliment.....herrlich beschrieben und ich kann mich darin auch wiederfinden, obwohl ich ein Singlehund im Rudel bin.....dennoch........es tut sich nicht viel anders, wenn der andere halt anders......drauf ist.
    Wuff und LG - lese gerne auch hier bei Dir weiter.
    Aiko

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  12. Hallo, oh man das ist wirklich gut beschrieben. Das kennen wir auch zu Gut. Schön das ihr wieder aufgestiegen seit. Manchmal passieren einfach Dinge, an die man vorher nicht geglaubt hat und das macht den Tag doch erst richtig spannend (:
    Man neigt ja doch eher dazu, sich dann zu verkriechen...

    Liebe Grüße
    Kessie und Maxima

    P.s. so schön geschrieben!

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  13. Können wir das nächste Mal einfach mitkommen? Wir machen auch nur gute Laune!!!!

    LG
    Clara mit Frauchen

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