Freitag, 26. September 2014

Böse Mördertüte voraus

Seitdem Emi diese fiese Hetzjagd mitmachen musste (siehe: Schlechte Zeiten für Emi) ist sie noch vorsichtiger geworden, als sie ohnehin schon war. Betreten wir ein offenes Gelände, so bleibt Emi erst einmal stehen, hält das Näschen in die Luft und checkt die Lage. Dabei steht sie starr wie eine Statue, und nur wer sie ganz genau beobachtet, sieht die minimale Bewegung ihres Kopfes. So stehen wir dann oft nebeneinander auf einem Feldweg und lassen unsere Blicke schweifen. Der Wind streicht zart durch Emis Fell und dieses ist dann die einzige Bewegung, die von uns ausgeht. Emi guckt, und ich versuche ihr Sicherheit zu geben. Meist kann ich dann schon erkennen, was sie beunruhigt und was sie neugierig macht.


Am Dienstagabend stehen wir so in unserem "neuen" Feld. Im weiten Gelände sieht man hier und da einzelne Punkte wandern, Hunde mit Begleitung. Heute ist es recht voll hier. Ziemlich in der Mitte sieht man eine größere Gruppe. Menschen unterhalten sich, mehrere Hunde, fast alle schwarz, spielen auf dem Acker. Früher wäre das nun genau unser Ziel gewesen. Emi ist beunruhigt, denn schwarz ist ja ihre Angstfarbe. Ich kann mir jetzt Gedanken machen, wie wir diese Situation meistern. Unser weiterer Weg wird uns wahrscheinlich an der Gruppe vorbeiführen. Von links führt ein Weg auf unseren Weg. Von dort nähern sich zwei, die zusammen alleine unterwegs sind. Der Hund läuft  neben dem Weg, seine Begleitung ist in ein Telefonat vertieft. Emis Interesse ist geweckt. Dieser Hund macht ihr keine Angst, sondern ist ein potentieller Spielpartner. Emi bewegt sich ein paar Schritte in seine Richtung und legt sich dann wartend hin. Das macht sie immer so. Begrüßungsritual. Warum Emi hier diesen Unterschied macht, kann ich nur erahnen. Ob es wirklich nur daran liegt, dass dieser Hund ein helles Fell hat? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall genügt nur ein kurzes Schnüffeln, und schon jagen die beiden über den Acker. Aber das Telefonfrauchen hat keine Zeit, ohne uns eines Blickes zu würdigen, wir sind für sie genauso Luft wie der eigene Hund, marschiert sie laut schwatzend vorbei. Bald sind Frau und Hund verschwunden.

Emi und ich nehmen die große Runde in Angriff. Auch in die Hundegruppe kommt Bewegung. Sie entschwindet Richtung Wohngebiet, und nun lüftet sich auch das Geheimnis um das menschenleere Feld, wie wir es ja einmal ganz intensiv genossen haben. Punkt 19 Uhr sind hier alle Wege leer. Merkwürdig! Nur wir zwei, die wir anscheinend eine goldene, ungeschriebene Regel nicht kennen, sind noch unterwegs.

Die große Runde ist vom Laufen her am angenehmsten, führt aber leider auch ziemlich nah an der Autobahn vorbei. In letzter Zeit war hier oft Stau und so manches Mal waren wir zu Fuß schneller als die Wagen dort, aber heute zischen die Autos nur so vorbei. Es ist nur ein großer Acker, der uns voneinander trennt. So ganz geheuer ist mir die Sache nicht. Irgendwie sieht die Autobahn so ungesichert aus. Ich behalte Emi, die sich selten weit von mir entfernt, noch etwas besser im Auge. Ganz warm wird mir ums Herz, wenn ich sie beobachte. Mein Chaosmädchen. Es ist schön, so mit ihr unterwegs zu sein. Warte Frauchen, da kommt noch was. Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.

Am Ende der Runde biegen wir in einen Wald ab. Erst heute habe ich entdeckt, dass ein extrem schmaler Weg durch das Gehölz führt. Vorher sind wir hier immer parallel durchs Wohngebiet gelaufen und dann wieder ins Feld abgebogen. Dieser Pfad erspart uns nun die Straße und bietet außerdem Trimm dich fürs Frauchen und Agility für den Hund. Mehrere dicke Baumstämme sind über den Weg gekippt. Emi muss springen, ich schon fast klettern. Langweilig ist es hier nicht und -siehe da- dieser Wald führt in das kleine Wäldchen, das wir bereits aus Gruselig kennen. Der Weg ist deutlich breiter. Wir können wieder nebeneinander gehen. Das ist auch gut so, denn plötzlich taucht sie vor uns auf.

Die böse, böse Mördertüte

Sie steht links am Wegesrand und leuchtet in allen Farben des Regenbogens. Wer auch immer dieses Tütendesign entworfen hat, er hat alles gegeben. Emi erstarrt trotzdem oder gerade deswegen und mag keinen Schritt mehr gehen. Es hilft auch nichts, dass ich voran gehe und todesmutig demonstriere, dass von der Tüte keine Gefahr ausgeht. Nicht unweit der Tüte klettern zwei südländisch aussehende Männer, Vater und Sohn (?), in einem Nussbaum herum, der wohl zu ihrem Schrebergarten gehört. Im Geäst knackt es gefährlich. Aha, nun weiß ich wenigstens wem die Tüte gehört und womit sie gefüllt ist. Neugierig betrachten die beiden Männer die Irre, die einem unsichtbaren Etwas die Unbedenklichkeit ihrer Nusstüte erklärt. So etwas sehen sie hier wohl auch nicht alle Tage. Immerhin grüßt einer der Männer freundlich, und ich grüße ebenso freundlich zurück, bevor ich mich entschließe meinen Hund anzuleinen. Ganz langsam und vorsichtig gehen wir gemeinsam an der Mördertüte vorbei.

Und wieder haben wir die Gefahr gebannt. Heldenfrauchen und Heldenhundchen können, nach einem erneut bestandenen Abenteuer, wohlbehalten heimkehren. Hurra.

4 Kommentare:

  1. Wow, was für ein Abenteuer. Hier lag heute Mittag eine Kacktüte auf dem Weg, die wurde auch sehr vorsichtig inspiziert, ob keine Gefahr von ihr ausging. Und neulich, sagt das Frauchen, lag ein Haufen Pferdemist vor einem Garten. Der gehört da nicht hin, vor dem bin ich erst mal drei Meter zur Seite gesprungen.

    Diese Telefon-Hunde-Menschen haben wir hier auch, das macht echt keinen Spaß. Da hat ja auch Hund keine Freude dran.

    Wuff-Wuff dein Chris

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  2. Da habt ihr ja erfolgreich das nächste Abenteuer gemeistert. Mördertüten gibt es hier auch - oder eher Mördersäcke. Wenn überall die gelben Säcke vor das Tor gestellt werden, sieht das echt gefährlich aus.
    Liebe wauzis von Emma und Lotte

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  3. Wuff, das kann ich sogar als grosser schwarzer Hund. Da kann ich knurren und Bellen wie ein richtig böses Tier (nicht weitersagen dass ich nur schiss habe).
    Wunderschöne Abendbummels wünscht Ayka

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  4. Liebe Sylvia,

    wieder einmal sehr schön geschrieben und ein tolles Abenteuer, dass Ihr erlebt habt...

    Alltägliche Abenteuer, toll beschrieben und wirklich sehr unterhaltsam. Dafür steht Euer Blog.....Eigentlich solltest Du dafür nominiert werden zum liebsten Award. Die letzte Runde ist gerade vorbei, aber ich normieniere Dich einfach ohne Fragen und Weitermachen zu " Liebsten Award" . Bitte weiter machen.

    Vielen Dank und viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

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