Donnerstag, 16. Oktober 2014

Kann ich ein Leitwolf sein?

Manchmal stellt man sich schon merkwürdige Fragen. Solche wie da oben zum Beispiel. Diese Frage wäre mir vor einer Woche noch gar nicht durch den Kopf gegangen.
Leitwolf?
Ich?
Was heißt das eigentlich?
Warum ich mir plötzlich so merkwürdige Fragen stelle?

Am vergangenen Donnerstag besuchten der WBE und ich Lesung und Vortrag von Mirko Tomasini (Hundetrainer und Autor von "Das Leitwolf Training" und "Das Leitwolf Spiel") in der Mayersche Droste auf der Königsallee in Düsseldorf. Die Ankündigung


Führung ohne Gehorsam - warum Beziehung zwischen
Mensch und Hund nicht trainiert werden muss

Mirko Tomasini zeigt in seinem Vortrag, wie
Kommunikation ohne Worte zwischen Menschen
und Hunden aussieht. Anhand zahlreicher Videos
aus seinen Trainings macht er deutlich, wie schnell
Hunde verstehen, wenn ihre Menschen sie
verstehen.


hatte ich eher per Zufall entdeckt. Meine Neugier war geweckt
.

In den letzten Tagen vor dem Vortrag wurde ich dann etwas unruhig. Wer, bitte schön, hört sich eigentlich den Vortrag eines Hundetrainers in einer Buchhandlung an? Ich sah schon den WBE, mich und ein paar andere jämmerliche Gestalten verloren auf unseren Stühlchen sitzen. Au Backe. Mir wurde es etwas mulmig. Das wiederum hätte ich mir sparen können, denn man kann von Glück reden, dass wir sehr früh ankamen. Nur aus diesem Grund bekamen wir unsere Plätze ziemlich vorne mit direktem Blick auf Redner und Leinwand. Das Interesse war riesig, fast alle Sitzplätze waren besetzt.

Mirko Tomasini hatte sich gut auf seinen Vortrag vorbereitet, indem er, mit Rücksicht auf seine eigene Nervosität, die wichtigsten Worte, die er unbedingt an sein Publikum richten wollte, in zwei kurzen Lesungen festgehalten hatte. Diese setzte er als einleitende und abschließende, teilweise sehr berührende, Worte ein.

Dazwischen gab es einen eher lockeren Teil, indem er uns anhand vieler Videos Einblicke in die Körpersprache der Hunde schenkte. Zur Philosophie des Leitwolftrainings gehört die feine Wahrnehmung des Hundes ohne eine Interpretation zuzulassen. Ein schwieriges Unterfangen, denn man ist ja inzwischen doch sehr darauf geeicht bestimmte Signale zu interpretieren (Hund zieht Rute ein = Hund hat Angst etc). Es geht um ein Miteinander Mensch/Hund, ohne die Erziehung sowie das Erlernen von Kommandos wie es mir in der "klassischen" Hundeschule begegnet ist. Beziehung statt Erziehung steht im Vordergrund. Beziehung, die unter anderem durch ein gemeinsames Spiel, so wie Hunde miteinander spielen, entstehen kann. Damit dieses funktioniert, muss man es schaffen den Hund zu diesem Spiel zu animieren, muss aber auch seine Aufforderung und Sprache verstehen. Die Videos gaben einen wunderbaren Einblick in diesen Teil des Trainings.

Ich weiß nicht, wie oft der WBE und ich uns während dieses Abends ansahen, weil wir in der einen oder anderen Beschreibung unsere Hunde und Verhaltensmuster wiedererkannten und plötzlich auch besser verstanden. Manchmal musste ich das Gefühl unterdrücken eine Beckerfaust gen Himmel zu heben, weil ich mich in der Einstellung Hunden gegenüber so viel besser aufgehoben fühlte, als einst bei der Hundetrainerin, bei der ich das Gefühl hatte, ich müsse jeden eigenen Schritt und Schritt des Hundes konstant kontrollieren. Es tat überaus wohl Worten über respektvollen Umgang zu lauschen, und die Lösung mancher Probleme darin zu sehen, wie man mit dem Hund umgeht ohne ihn in eine Marionette zu verwandeln.
Die Zeit verging viel zu schnell, und schon bald waren mehr als 2 Stunden vergangen. Wären die Stühle zu diesem Zeitpunkt nicht schon so schrecklich unbequem geworden, ich hätte bestimmt noch viel länger zuhören können.

Inzwischen beschäftige ich mich auch mit dem ersten Buch. Ich lasse es auf mich wirken und schaue dann, was es für uns bringen kann. Führung könnte für mich ein Problem werden. Ohne Worte auch. Spiel weniger. Nichtdestotrotz gibt es auch in dem Buch wunderbare Sätze, in denen ich mich und meine Hunde wiederfinde, und die ich förmlich in mich aufsauge.

Ob ich je ein Leitwolf werde? Wer weiß das schon, aber ich habe gute Anregungen bekommen und auch Feedback. Außerdem beobachte ich mehr, achte auf die Zeichen der Hunde und empfinde dieses als Bereicherung in unserem Alltag.






7 Kommentare:

  1. Wow, das klingt echt interessant. Gemeinsames hündisches Spielen, davon haben wir schon öfter gehört und versuchen es, auch umzusetzen. Aber dass es keiner Erziehung bedarf, ist für uns neu. Da müssen wir mal genauer schauen.

    Wuff-Wuff dein Chris

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  2. Ich finde es sehr interessant ... und muss zugeben, über ihn und die Bücher bin ich noch nicht gestolpert. Deine Zusammenfassung hört sich gut an - zumindest ist es wert, sich damit zu beschäftigen. Ich bin schon sehr neugierig, was Du nach der Lektüre so zu berichten hast.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Damon und Cara

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  3. Ein echt gelungener Artikel. Du hast mich neugierig gemacht. Vom gemeinsamen hündischen Spielen habe ich auch schon gehört. Erziehung ohne Worte funktioniert nur mit einer guten Beziehung, wie bei den Kindern. Warum soll das bei Hunden anders sein?

    Liebe Grüße
    Sonja und Charly

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  4. Hört sich sehr interessant an. Auch ich versuche mich derzeit daran - zumindest schon mal außerhalb unseres Grundstücks, also auf Spaziergängen - ohne jegliche Wertung mit Lilly auseinander zu setzen. Die Leine hängt immer durch, wir schleichen durch die Gegend. Ich sage kein Wort und kommentiere nichts was Lilly macht. Es scheint ihr zu helfen *hurra* Im Haus rede ich natürlich schon noch mit Lilly, versuche aber auch hier mein Gequatsche zu reduzieren ;-) Spielen tu ich seit jeher hündisch mit meinen Hunden ;-)

    Liebste Grüße und auch euch viel Erfolg :-)

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  5. Wie herrlich, dass alle Befürchtungen alle Erwartungen positiv gelenkt wurden. Ich muss auch noch viel lernen. Dabei werfen mich Zeiten, in denen es Socke schlechter geht zurück. Da bin ich Glucke, da bin ich nicht Rudelführer, da gibt es ganz viel Schönes für das Sockemädchen…

    Viel Erfolg bei Deinem Weg. Ich hoffe wir erfahren hier noch ganz viel davon…
    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

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  6. Ich finde das auch sehr interessant. Obwohl ich mir eine Erziehung ohne Worte sehr schwer vorstelle. Aber vielleicht kannst du mal näher auf die Bücher eingehen wenn du sie gelesen hast.
    Liebe Grüße vom Emma und Lotte Frauchen

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  7. Ich sach jetzt mal so: es ist das Natürlichste auf der Welt, die Körpersprache seines Gegenübers zu deuten, wenn man die Worte nicht versteht. Nichts anderes ist das doch; geht auch artübergreifend und besonders Hund und Pferd sind Spezialisten darin, aus unserem Verhalten Schlüsse zu ziehen. Das tun sie sowieso, lässt sich quasi gar nicht verhindern. Drum funktioniert es auch sofort und aus meiner Erfahrung orientieren sich Tiere hauptsächlich an dem, was wir non-verbal aussenden, nicht an dem, was wir sagen. Ein Kommando ist demnach ein Umweg. Du musst dem Tier ja erst mühsam die Bedeutung dieses Wortes beibringen, um es anschließend (krass ausgedrückt) damit in Schach halten zu können.

    Irgendwie finde ich aber auch, dass eine Partnerschaft/Beziehung nicht unbedingt was mit Führung zu tun haben muss. Ich bin bestimmt nicht die klassische Führungspersönlichkeit (und will es auch nie werden) und es funktioniert auch. Sehr gut sogar...

    Ich hoffe, Du kannst meinem Gebrabbel irgendwas brauchbares entnehmen und wünsche Dir noch viel Spaß mit den Büchern...

    LG Andrea und Linda

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